Hundehaltung in der Mietwohnung
0 CommentsKündigung wegen Hundehaltung
Meine Mandanten bewohnen gemeinsam mit ihren vier Dackeln seit 2019 ein Einfamilienhaus zur Miete. Auf dem Nachbargrundstück lebt die Vermieterin.
Im Oktober mahnte die Vermieterin die Mieter ab, weil sie „mehrere Hunde halten“. Sie wurden aufgefordert, „die vertragswidrige Tierhaltung unverzüglich zu unterlassen“.
Die Mieter lehnten dies ab, weil der Vermieterin die Haltung der Hunde bereits seit dem Einzug in 2019 bekannt sei und diese mit ihr abgestimmt gewesen sei. Etwas Schriftliches gab es darüber allerdings leider nicht.
Nachdem sich die Mieter nicht von ihren Hunden trennen wollten, kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis u.a. wegen vermeintlichen Pflichtverletzung fristlos und hilfsweise fristgerecht.
Nachdem die Mieter nicht auszogen, erhob die Vermieterin Räumungsklage beim zuständigen Amtsgericht Düren.
Hundehaltung kein Kündigungsgrund
Das Amtsgericht Düren wies die Klage ab. Ein wichtiger Grund, der zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen würde, sei nicht erkennbar.
Aus den Gründen:
Das Mietverhältnis wurde durch die Kündigungserklärung vom 17.11.2023 nicht beendet, da weder ein außerordentlicher Kündigungsgrund nach § 543, § 569 BGB noch ein ordentlicher Kündigungsgrund gemäß § 573 BGB vorliegt. Es liegt keine wirksame außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß §§ 543, 569 BGB vor, weil ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschriften zum Zeitpunkt des Kündigungsschreibens nicht gegeben war.
[…]
Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 BGB liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Die Beweislast für das Vorliegen des Kündigungsgrunds einschließlich der tatsächlichen Voraussetzungen der Unzumutbarkeit nach Abs. 1 S. 2. trägt der Kündigende (Bieber in: MüKoBGB, BGB § 543 Rn. 78).
Die Haltung der vier Dackel ist indes kein wichtiger Grund iSd. §§ 543, 569 BGB. Nach umfassender Abwägung aller zu berücksichtigenden Interessen ist diese vorliegend vom Mietgebrauch nach § 535 Abs. 1 BGB umfasst. Gehört die Hundehaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache (§ 535 I BGB), kann die Klägerin ihre Kündigung nicht darauf stützen (so BGH, NJW 2013, 1526 Rn. 28 zum Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren; Schach/Riecke, Mietrecht, § 3 Situationen im laufenden Mietverhältnis Rn. 832; vgl.a. BeckOK MietR/Specht, 35. Ed. 1.11.2023, BGB § 535 Rn. 1646) und es kommt auch nicht darauf an, ob eine Vereinbarung hierüber der Schriftform bedurft hätte.
Eine mietvertragliche Regelung zur Tierhaltung ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst ersichtlich. Allerdings hat das Fehlen einer mietvertraglichen Regelung nicht zur Folge, dass jedermann ohne Rücksicht auf die Belange von Vermieter und Nachbarn Hunde oder Katzen halten könnte. Die Zulässigkeit einer solchen Tierhaltung gem. § 535 I BGB hängt vielmehr von dem Ergebnis einer umfassenden Abwägung der jeweiligen Einzelfallumstände ab (BGH, NJW 2013, 1526 Rn. 21; LG Berlin, Urteil vom 19. Dezember 2022 – 64 S 151/22 –, Rn. 23, juris).
Diese Abwägung lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall vornehmen, weil die dabei zu berücksichtigenden Umstände so individuell und vielgestaltig sind, dass sich jede schematische Lösung verbietet (BGH, NJW 2008, 218). Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung sowie des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung durch den Vermieter sowie besondere Bedürfnisse des Mieters (Blank, NJW 2007, 729 [731]; Knops, in: Herrlein/Kandelhard, § 535 Rdnr. 29; BGH, NJW 2008, 218; LG Berlin Hinweisbeschluss v. 24.1.2020 – 66 S 310/19, BeckRS 2020,
4611 Rn. 5). Im Einfamilienhaus gehört die Hundehaltung in der Regel zum vertragsgemäßen Gebrauch, wobei besondere Eigenschaften der Tiergattung oder der Rasse aber eine Rolle spielen (Lindner, 3. Teil. Vollzug des Mietverhältnisses Rn. 773).
Mit der Haltung mehrerer Hunde geht grundsätzlich eine größere Belastung von Wohnung, Haus und unmittelbarer Umgebung einher, da aufgrund der Haltung mehrerer Hunde insbesondere entsprechende Geräusche durch Bellen, Gerüche sowie eine verstärkte Benutzung der Wohnimmobilie zu erwarten sind. Eine entsprechende Beeinträchtigung der Vermieterbelange oder eine Störung anderer Hausbewohner kann bei einer Hundehaltung zumindest nicht grundsätzlich von vornherein ausgeschlossen werden (LG Berlin Hinweisbeschluss v. 24.1.2020 – 66 S 310/19, BeckRS 2020, 4611 Rn. 8). Die Klägerin hat indes keine konkreten Gründegegen die Hundehaltung, etwa in deren Verhalten oder wegen berechtigter Interessen der Nachbarn oder ähnliches, vorgetragen, sondern allgemein darauf abgestellt, dass die Hundehaltung vertragswidrig und übermäßig sei.
[…]
Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Dackeln um eher kleine Hunde handelt. Auch werden diese von den Beklagten nicht in einer kleinen Wohnung gehalten, sondern in einem Einfamilienhaus mit Garten. Wenn in einer kleinen Wohnung in einem Mehrparteienhaus schon die Haltung von ein bis zwei Hunden zulässig sein kann, dann kann auch die Haltung von vier kleinen Hunden in einem Einfamilienhaus mit Garten vom Mietgebrauch erfasst sein. Bei einer solchen Gestaltung gibt es sowohl ausreichend Platz in Innenräumen als auch einen Außenbereich. Zudem ist etwa ein Konfliktpotential mit Mitbewohnern nicht gegeben. Anders wäre es bei konkreten Störungen oder Gefährdungen durch die Tierhaltung zu beurteilen, was hier aber weder ersichtlich noch vorgetragen ist.
Darauf, ob die Klägerin schon bei Einzug von der Hundehaltung Kenntnis hatte und dieser sogar zustimmte, kommt es daher nicht mehr an. Allerdings würde eine fristlose Kündigung ausscheiden, wenn der Mieter das Haustier bereits eine längere Zeit mit Kenntnis und Duldung des Vermieters gehalten hat (AG Bremen Urt. v. 28.11.2018 – 19 C 268/18, BeckRS 2018, 37612; Schach/Riecke, Mietrecht, § 3 Situationen im laufenden Mietverhältnis Rn. 833).
Zudem dürfte ein einfaches Bestreiten der Kenntnis angesichts der detaillierten Schilderung der Beklagten der Umstände des Vertragsschlusses und angesichts der räumlichen Nähe des Wohnortes der Klägerin im Übrigen nicht ausreichend sein.
Vertragsgemäßer Gebrauch durch vier Dackel
Die Entscheidung des Gerichts zeigt: Ob eine Tierhaltung vom vertragsgemäßen Gebrauch abgedeckt ist, hängt immer vom Einzelfall an. Vier Dackel in einem Einfamilienhaus stellen aber keinen wichtigen Grund für eine Kündigung des Mietvertrages dar.
AG Düren v. 26.06.2024 – 47 C 43/24