Versöhnung der Eheleute im Scheidungsverfahren

Versöhnung der Eheleute im Scheidungsverfahren

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Scheidungsverfahren nach Trennungsjahr

Die Scheidung einer Ehe setzt von Gesetzes wegen voraus, dass die Eheleute mindestens ein Jahr getrennt leben. Dass das Trennungsjahr eingehalten wird, ist erforderlich. Dies soll vor der vorschnellen Einreichung eines Scheidungsantrags schützen und einer möglichen Versöhnung der Ehegatten dienen. Dahinter steckt die Überlegung, dass das Trennungsjahr sinnvoll genutzt werden kann. In der Regel reicht dieser Zeitraum aus, um den Eheleuten die Frage zu beantworten, ob eine Versöhnung zumindest möglich erscheint und sie die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufnehmen möchten.  

Gelegentlich kommt es aber vor, dass Eheleute, erst während des Scheidungsverfahrens, Zweifel daran bekommen, ob die Ehe wirklich gescheitert ist und sie geschieden werden wollen. Das Verfahren ist dann oft schon weit fortgeschritten und das Familiengericht hat vielleicht bereits einen Scheidungstermin anberaumt.

So erreichte mich neulich erst zwei Tage vor dem vom Familiengericht anberaumten Scheidungstermin die Nachricht eines Mandanten, der seit acht Jahren von seiner Frau getrennt lebt: „Wir möchten unserer Ehe noch eine Chance geben und nun doch nicht geschieden werden!“

Wie ist in einem solchen Fall vernünftigerweise vorzugehen?

Versöhnungsversuch während des Verfahrens

Natürlich muss ein Scheidungsverfahren, dass keiner der Ehepartner mehr fortsetzen möchte, nicht mit einer Scheidung der Ehe abgeschlossen werden. Ein Scheidungsantrag kann jederzeit zurückgenommen werden, sogar noch nach Scheidung der Ehe, wenn im Scheidungstermin nicht auf Rechtsmittel verzichtet haben. Die bis dahin angefallenen Kosten bekommen die Beteiligten aber nicht erstattet. Deshalb sollte eine vorschnelle Antragsrücknahme gut überlegt und vermieden werden. Es geht nämlich auch anders:

Durch einen kurzzeitigen Versöhnungsversuch, der nach der Rechtsprechung bis zu drei Monate andauern kann, wird das Trennungsjahr nicht unterbrochen. Allerdings möchten die Eheleute natürlich, während noch Hoffnung auf eine Versöhnung besteht, nicht geschieden werden. Für diesen Fall ermöglicht § 136 FamFG, das Scheidungsverfahren ruhen zu lassen.

Das Ruhen des Scheidungsverfahrens wird durch einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens erreicht. In § 136 Abs. 2 FamFG heißt es:

„Hat der Antragsteller die Aussetzung des Verfahrens beantragt, darf das Gericht die Scheidung der Ehe nicht aussprechen, bevor das Verfahren ausgesetzt war.“

Das Familiengericht muss dem Antrag auf Aussetzung also stattgeben. 

Allerdings kann es das Scheidungsverfahren nicht ewig ruhen lassen. Leben die Beteiligten schon länger als drei Jahre voneinander getrennt, kann eine Aussetzung des Scheidungsverfahrens nur für maximal sechs Monate erfolgen. Wurde der Scheidungsantrag bereits nach Ablauf des Trennungsjahres gestellt, kommt eine Aussetzung des Verfahrens für maximal ein Jahr in Betracht. Die Aussetzung darf dabei nur einmal wiederholt werden.

Nach Ablauf der Aussetzung wird das Gericht das Scheidungsverfahren wieder aufnehmen. Spätestens dann sollte der Antragsteller seinen Scheidungsantrag zurücknehmen, wenn die Versöhnung erfolgreich war.  Möchte der Antragssteller aber nach einem gescheiterten Versöhnungsversuch sich nun doch scheiden lassen, muss er keinen neuen Scheidungsantrag einreichen. Das Verfahren wird dann stattdessen fortgesetzt.

Aussetzung des Scheidungsverfahrens statt Rücknahme des Scheidungsantrags

Die Aussetzung des laufenden Scheidungsverfahrens hat den Vorteil, dass die Ehegatten während eines laufenden Scheidungsverfahrens erst einmal ausprobieren können, ob die Ehe doch noch nicht komplett gescheitert ist. Durch die Aussetzung des Scheidungsverfahrens wird der Scheidungsablauf unterbrochen und kann dann nach Ablauf der Aussetzung fortgesetzt werden, wenn die Versöhnungsversuche gescheitert sind.

Wird hingegen anstelle der Aussetzung des Verfahrens der Scheidungsantrag zurückgenommen, ist bei einem Scheitern des Versöhnungsversuchs ein erneuter Scheidungsantrag notwendig. Das bedeutet dann aber auch, dass die Kosten für das Scheidungsverfahren ein zweites Mal anfallen. weil ja dann ein zweites Verfahren eingeleitet wird.

Wenn sich die Beteiligten eines Scheidungsverfahrens also versöhnen möchten, sollten sie zunächst das Scheidungsverfahren ruhen lassen und dann in einem halben oder spätestens einem Jahr erst entscheiden, ob die Scheidung zurückgenommen wird.

Rechtsanwalt Schwartmann, Düren und Köln
Versöhnung der Eheleute im Scheidungsverfahren was last modified: Juni 2nd, 2024 by raschwartmann

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Rechtsanwalt Andreas Schwartmann, Köln

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