eBay: Sekundäre Darlegungslast bei Bestreiten des Kaufvertrages
1 CommentDer Ausgangsfall: Käufer bestreitet Kauf auf eBay
Mein Mandant verkaufte im November 2018 über die Internetplattform eBay ein Wohnmobil an einen am Bodensee ansässigen eBay-Nutzer. Dieser hatte zuvor das Höchstgebot von 23.500,- EUR abgegeben. In der Folge bestritt der Käufer aber jegliche Beteiligung und behauptete zunächst, seine Kinder hätten ohne sein Wissen bei eBay geboten. Nachdem er von mir im Auftrag meines Mandanten zur Zahlung des Kaufpreises aufgefordert wurde, verlegte er sich dann auf die Behauptung, sein Konto sei gehackt worden. Dies alles trug er vor, obwohl er noch vor dem Kauf mit meinem Mandanten telefoniert und Interesse an dem Wohnmobil bekundet hatte.
Mein Mandant ließ sich auf diese Behauptungen nicht ein und beauftragte mich mit der gerichtlichen Durchsetzung seiner Ansprüche: Er forderte vor dem örtlich zuständigen Landgericht Ravensburg die Abnahme des Wohnmobils und die Zahlung des Kaufpreises.
Kein Anscheinsbeweis – aber sekundäre Darlegungslast
Das Landgericht gab der Klage statt und verurteilte den Käufer antragsgemäß.
Aus den Gründen:
„Dem Kläger steht gemäß § 433 Abs. 2 BGB der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises von 23.500,- EUR für das vom Beklagten über eine ebay-Versteigerung gekaufte Wohnmobil Zug-um-Zug gegen Übereignung des Wohnmobils zu.
[…]
Zwar trägt derjenige, der einen Artikel in eine Auktion auf der Internetplattform ebay einstellt und sich zur Geltendmachung der Kaufpreisforderung auf das Zustandekommen eines Kaufvertrags beruft, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die zum Abschluss eines Kaufvertrags erforderlichen Willenserklärungen Angebot und Annahme abgegeben wurden. Dabei kommt dem Verkäufer in den Fällen der Nutzung des ebay-Kontos durch einen Dritten auch nicht Erleichterung eines Anscheinsbeweises zugute, wonach zu vermuten sei, der Inhaber eines ebay-Kontos habe das über das ebay-Konto abgegebene Gebot selbst abgegeben (s. grundlegend BGHZ 189, 346).
Eine solche (missbräuchliche) Nutzung durch einen Dritten kann jedoch nicht festgestellt werden. Im Unterschied zu der dargestellten Fallkonstellation ist zwischen den Parteien gerade streitig, ob der Beklagte selbst das Höchstgebot in der Auktion des Klägers abgegeben hat. […]
Der Beklagte selbst bringt vor, dass seine Kinder […] mit der Sache nichts zu tun haben. Ein Zugriff seiner Kinder auf sein ebay-Konto sei nicht erfolgt. Damit können die dargestellten rechtlichen Grundsätze lediglich insoweit Anwendung finden, als der Verkäufer die tatsächlichen Vorausetzungen für den Abschluss eines Kaufvertrags zu beweisen hat. Da die Nutzung des ebay-Kontos des Beklagten jedoch in der diesem zuzurechnenden Sphäre liegt, obliegt jenem eine sekundäre Darlegungslast zu dem Umständen der Nutzung seines Kontos.
Diese sekundäre Darlegungslast hat der Beklagte nicht erfüllt. Vielmehr sind seine Angaben zu der Nutzung des ebay-Kontos widersprüchlich und ohne belastbaren Gehalt im Hinblick auf die Behauptung das Konto sei „gehackt“ worden. Für eine Nutzung durch einen unbekannten Dritten fehlen substantiierte Anhaltspunkte. Die Behauptung des Beklagten stellt sich als Behauptung ins Blaue hinein dar.“
Fazit
Wer sich auf einen Kaufvertrag beruft, um Ansprüche daraus geltend zu machen – wie hier den Zahlungsanspruch – muss das Zustandekommen des Kaufvertrags beweisen. Das ist bei eBay-Verträgen in der Regel nicht einfach, wenn das Gegenüber bestreitet, das Gebot selbst abgeben zu haben. Einfaches Bestreiten reicht jedoch nicht aus. Den vermeintlichen Käufer trifft eine sekundäre Darlegungslast. Er muss also, wie in der bekannten Filesharing-Rechtsprechung, konkret darlegen, wer außer ihm denn sonst noch Zugriff auf sein Konto gehabt hat. Denn der Verkäufer saß ja nicht daneben und kann nicht wissen, wer nun am PC des anderen Nutzers das Höchstgebot abgegeben hat. Dieser Vorgang fällt allein in die Sphäre des Käufers und deshalb muss er, wenn er seine Vertragspartnerschaft bestreitet, dazu konkret vortragen, wer des denn sonst gewesen sein könnte. Die pauschale Behauptung, ein ominöser Dritte habe das Konto gehackt, reicht dabei nicht aus, wenn dies nicht – etwa durch konkrete polizeiliche Ermittlungsergebnisse – belegt werden kann.
Wie in Filesharing-Verfahren reicht also die einfache Behauptung „Ich war das nicht“ nicht aus, um den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast gerecht zu werden.
Der Verkäufer hingegen muss nur die tatsächlichen Voraussetzungen für den Abschluss des Kaufvertrages beweisen: Er muss darlegen, dass er den streitgegenständlichen Artikel bei eBay angeboten hat und das Höchstgebot vom Konto des beklagten Gegners abgegeben wurde. Dazu wird er in der Regel eine Bestätigung von eBay vorlegen können: „Herzlichen Glückwunsch, Ihr Artikel wurde verkauft!“
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LG Ravensburg, Urteil vom 31.07.2019, 5 O 13/19 (noch nicht rechtskräftig)
Ralf Dutine
Interessant wäre die Klärung der Rechtsfrage im Falle des Berufens auf ein Zeugnisverweigerungsrecht durch den Käufer.