Kündigung trotz psychischer Erkrankung
0 CommentsSachverhalt: Mieter verursacht Schaden
In einer aktuellen Entscheidung des Amtsgerichts Köln (Az. 222 C 22/25) musste sich das Gericht mit der Frage auseinandersetzen, ob eine außerordentliche Kündigung gegenüber einem psychisch erkrankten Mieter wirksam ist. Der Beklagte bewohnte seit 2008 eine Dachgeschosswohnung und stand seit März 2022 unter gesetzlicher Betreuung aufgrund einer chronifizierten paranoiden Schizophrenie.
Am 8. Januar 2025 verstopfte der Mieter das Waschbecken in seiner Wohnung und ließ anschließend das Wasser laufen. Das Wasser floss über den Rand des Beckens und verursachte einen erheblichen Wasserschaden, der sich über drei darunterliegende Wohnungen bis in den Hinterhof erstreckte . Der Beklagte verweigerte zunächst den Zutritt zu seiner Wohnung, sodass Polizei und Feuerwehr hinzugerufen werden mussten. Der entstandene Sachschaden belief sich auf etwa 16.000 EUR .
In der Folge versuchte der Beklagte sodann, Wände im Hausflur anzuzünden, campierte im Treppenhaus und belästigte andere Hausbewohner durch sein Verhalten und erhebliche Geruchsbelästigungen. Seit Ende Januar 2025 befindet sich der Beklagte in stationärer Behandlung, wobei unklar ist, ob eine dauerhafte geschlossene Unterbringung notwendig sein wird.
Die Vermieterin kündigte dem Mieter mit Schreiben vom 17. Januar 2025 außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht.
Entscheidung des Gerichts
Das Amtsgericht Köln gab der Räumungsklage der Vermieterin statt. Das Gericht erklärte die außerordentliche Kündigung für wirksam, da nach § 543 Abs. 1 S. 1 BGB jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen kann .
Das Gericht sah in dem durch den Beklagten verursachten Wasserschaden sowie im Anzünden der Wände im Hausflur einen solchen wichtigen Grund, da diese Handlungen die Mietsache erheblich gefährdeten.
Bei seiner Entscheidung wog das Gericht die Interessen beider Parteien sorgfältig ab. Dabei erkannte es an, dass der Beklagte aufgrund seiner psychischen Erkrankung besonders schützenswert ist und dass im nachbarschaftlichen Zusammenleben mit psychisch kranken Mietern ein erhöhtes Maß an Toleranz gefordert werden kann. Jedoch findet diese Toleranz nach Auffassung des Gerichts ihre Grenzen, wenn Leben und Gesundheit der Mitmieter sowie das Eigentum der Vermieterin ernsthaft gefährdet oder beeinträchtigt werden.
Das Gericht stellte fest, dass sowohl der massive Wasserschaden als auch die Brandgefahr durch das Anzünden der Wände im Hausflur eine erhebliche Gefahr für alle Hausbewohner darstellten. In seiner Abwägung entschied das Gericht, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Mitmieter und der Eigentumsschutz der Vermieterin in diesem Fall schwerer wogen als das Interesse des Beklagten am Erhalt seiner Wohnung.
Aus Rücksicht auf die Situation des Beklagten gewährte das Gericht eine Räumungsfrist bis zum 31.10.2025 und berücksichtigte dabei auch den Umstand, dass sich der Beklagte noch für unbestimmte Zeit in stationärer Behandlung befinden wird.
Handlungsempfehlungen
Für Vermieter:
- Dokumentieren Sie alle Vorkommnisse sorgfältig, insbesondere wenn Schäden an der Mietsache entstehen.
- Beachten Sie bei psychisch erkrankten Mietern, dass erhöhte Toleranz gefordert ist und eine Kündigung nur bei erheblicher Gefährdung in Betracht kommt.
- Stellen Sie sicher, dass bei Mietern unter Betreuung Kündigungsschreiben dem Betreuer ordnungsgemäß zugestellt werden.
- Berücksichtigen Sie, dass eine außerordentliche Kündigung auch bei schuldunfähigen Mietern möglich ist, jedoch stets eine umfassende Interessenabwägung voraussetzt.
Für Mieter:
- Suchen Sie bei psychischen Erkrankungen frühzeitig Unterstützung durch Beratungsstellen oder ärztliche Hilfe.
- Beachten Sie, dass auch ohne persönliches Verschulden eine Kündigung möglich ist, wenn von Ihrem Verhalten erhebliche Gefahren ausgehen.
- Informieren Sie bei Betreuungsbedürftigkeit frühzeitig über geeignete Unterstützungsformen, um kritische Situationen zu vermeiden.
Bei einer Räumungsklage: Beantragen Sie eine angemessene Räumungsfrist, um Zeit für die Wohnungssuche zu gewinnen, besonders wenn der Wohnungsmarkt angespannt ist.
Fazit:
Das Urteil des Kölner Amtsgerichts zeigt, dass trotz des besonderen Schutzes für Menschen mit psychischen Erkrankungen die Grenzen dort gezogen werden müssen, wo erhebliche Gefahren für andere Mieter oder das Eigentum des Vermieters entstehen. Die Rechtsprechung versucht hier, einen ausgewogenen Interessenausgleich zu schaffen.