Keine Kostenerstattung bei formell unwirksamer Kündigung
0 CommentsUnwirksame Kündigung des Mieters
Mein Mandant hatte gemeinsam mit einem Freund eine Wohnung angemietet. Nach einem Streit teilte er dem Vermieter mit, dass er „seinen Teil“ des Mietvertrages kündige und ausziehen werde.
Diese Kündigung war unwirksam, da der Mietvertrag nur gemeinsam von beiden Mietern hätte gekündigt werden können.
Der Vermieter, der unstreitig mehrere Wohnungen vermietet und auch gerichtsbekannt ist, beauftragte seinen Anwalt mit der Zurückweisung der Kündigung und verlangte von meinem Mandanten die Erstattung der dafür angefallenen Anwaltskosten.
Nachdem die Zahlung auf mein Anraten hin nicht erfolgte, erhob der Vermieter Klage beim Amtsgericht Düren.
Keine Erstattung der Anwaltskosten
Das Amtsgericht Düren wies die Klage ab.
Aus den Gründen:
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der für die Zurückweisung der Kündigung entstandenen Anwaltsgebühren unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, insbesondere folgt ein solcher nicht aus § 280 Abs. 1 BGB.
Bei der Kündigung des Beklagten vom 26.09.2023 handelte es sich um eine Teilkündigung. Dies geht schon daraus hervor, dass der Beklagte im Betreff des Schreibens „Kündigung Wohnungsanteil“ angab. […]
Teilkündigungen sind, sofern es sich, wie vorliegend, um ein einheitliches Mietverhältnis handelt und kein Fall des § 573b vorliegt, unzulässig (MüKoBGB/Häublein, 9. Aufl. 2023, BGB § 573 Rn. 29). Die Kündigung eines einzelnen löst das Mietverhältnis weder insgesamt auf noch beendet es die mietvertraglichen Beziehungen zwischen dem Kündigenden und dem Erklärungsempfänger (Bub/Treier MietR-HdB, Kapitel IV. Beendigung des Mietverhältnisses Rn. 10, beck-online).
Anders als der Kläger zu meinen scheint, war die Kündigung des Beklagten offensichtlich nicht materiell wirksam, sondern bereits formell unwirksam. Dies erkannte dem Grunde nach auch der Kläger, da er die Kündigung ausweislich des Schreibens seines Prozessbevollmächtigten vom 22.11.2023 als grundsätzlich unwirksam erachtete. Bei einer formell unwirksamen Kündigung liegt aber keine (Neben-)Pflichtverletzung vor, die eine Schadensersatzpflicht auslöst (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 – VIII ZR 9/10 –, juris).
Der Kläger vermietet zudem unstreitig und gerichtsbekannt mehrere Wohnungen. Für ihn musste es sich förmlich aufdrängen, dass die Kündigung des Beklagten unwirksam war und er sie nicht beachten musste. Er konnte unter den Umständen des Einzelfalls auch nicht erwarten, dass der weitere Mitmieter eine Kündigung erklären würde. Offensichtlich hat der Kläger die Kündigung auch zunächst nicht beachtet, da das Schreiben seines Prozessbevollmächtigten erst am 22.11.2023 und damit fast zwei Monate nach der Kündigung von Ende September verfasst wurde. Zu diesem Zeitpunkt drängte sich die Unwirksamkeit der Kündigung noch mehr auf, da eine zweite Kündigungserklärung des Mitmieters, die ohne den Kündigungsverzicht im Vertrag die Wirksamkeit der Teilkündigung durch den Beklagten zur Folge gehabt
hätte, offensichtlich nicht erfolgte. Wenn der Kläger noch zwei Monate später eine formell so augenscheinlich unwirksame Kündigung zurückweisen lässt und ihm durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Wahrnehmung seiner Interessen Kosten entstehen, können diese grundsätzlich nicht erstattungsfähig sein.
Der Kläger ist zur Schadensminderungspflicht verpflichtet, § 254 BGB. Die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts müssen nur dann ersetzt werden, „wenn sie zur Wahrung und Durchsetzung der Rechte erforderlich und zweckmäßig waren“. Ein Schädiger hat nicht schlechthin alle durch ein Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen, sondern nur solche Kosten, die aus der ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person in der Situation des Geschädigten nach den Umständen des Falles zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteile vom 6. April 1976 – VI ZR 246/74, BGHZ 66, 182, 192; vom 30. April 1986 – VIII ZR 112/85, WM 1986, 1056 unter IV; vom 8. November 1994 – VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 f.; vom 6. Oktober 2010 – VIII ZR 271/09, aaO Rn. 9; BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012 – VIII ZR 277/11 –, Rn. 4, juris). Ob die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der ergriffenen Maßnahme gegeben ist, entzieht sich dabei einer generalisierenden Betrachtung; dies ist vielmehr vom Tatrichter aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen (BGH, Urteile vom 6. April 1976 – VI ZR 246/74, aaO S. 193; vom 9. März 2011 – VIII ZR 132/10, WuM 2011, 214 Rn. 23).
Der Kläger hätte bei den vorliegenden Umständen des Einzelfalls als Vermieter zahlreicher Wohnungen – allein beim Amtsgericht Düren waren in den vergangenen Jahren dutzende Verfahren des Klägers als Vermieter anhängig – in einem derart einfach gelagerten Fall die Kündigung des Beklagten selbst zurückweisen können und musste sich auch im Hinblick auf den bestehenden Kündigungsverzicht nicht
anwaltlicher Hilfe bedienen. Der Kläger war ohne weiteres in der Lage das bereits auf den ersten Blick unwirksame Kündigungsbegehren des Beklagten selbst zurückzuweisen. Besondere rechtliche Beratung wäre für die Abfassung eines Zurückweisungsschreibens nicht erforderlich gewesen.
AG Düren v. 25.06.2024 – 44 C 31/24