Unbefugte Gebrauchsüberlassung: Fristlose Kündigung
0 CommentsOLG Celle zur fristlosen Kündigung wegen vertragswidriger Nutzung eines Hotels als Flüchtlingsunterkunft
Ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 17. April 2025 (Az.: 2 U 148/24) behandelt eine aktuelle Rechtsfrage im Bereich des gewerblichen Mietrechts. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob die Nutzung eines Hotels als Unterkunft für Flüchtlinge eine unbefugte Gebrauchsüberlassung darstellt, die eine außerordentliche fristlose Kündigung durch den Vermieter rechtfertigt.
Sachverhalt
Die Parteien schlossen am 30. September 2008 einen Mietvertrag über Gewerberäume, die ausschließlich als „Hotel der gehobenen Mittelklasse (Garni)“ betrieben werden durften. Im März 2022 vereinbarte die Mieterin mit der Stadt Hannover, sämtliche Hotelzimmer als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. Die Stadt verpflichtete sich zur dauerhaften Belegung der Zimmer und zahlte hierfür vereinbarte Sonderpreise. Die Eigentümerin wurde dabei nicht um Zustimmung gefragt.
Aufgrund dieser Zweckänderung und daraus resultierender Beschwerden kündigte die Vermieterin nach vorheriger Abmahnung den Mietvertrag außerordentlich fristlos.
Entscheidung des Gerichts
Das OLG Celle bestätigte die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung. Nach Auffassung des Gerichts stellte die Nutzung der Hotelräume als Flüchtlingsunterkunft eine unbefugte Gebrauchsüberlassung gemäß § 543 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB dar. Wesentliche Argumente hierfür waren:
- Abweichung vom Vertragszweck: Die ursprüngliche Hotelnutzung wurde durch eine dauerhafte Wohnnutzung für Flüchtlinge ersetzt. Dies ist mit dem Betrieb eines Hotels der gehobenen Mittelklasse nicht vergleichbar, da typische Hotelmerkmale wie ständiger Gästewechsel und Rezeption fehlten.
- Fehlende Zustimmung des Vermieters: Eine Nutzung als Flüchtlingsunterkunft bedarf ausdrücklich der Genehmigung des Vermieters, da diese Nutzung erheblich von dem ursprünglichen Mietzweck abweicht.
- Erhöhte Abnutzung: Die intensivere Nutzung der Räumlichkeiten durch die dauerhafte Wohnunterbringung von Flüchtlingen führt zu erhöhter Abnutzung und Schäden, die dem Vermieter nicht zuzumuten sind.
Zudem wurde der Klägerin ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der gezogenen Nutzungen und Einnahmen der Beklagten aus der unbefugten Gebrauchsüberlassung zugesprochen.
Auswirkungen auf die Praxis
Dieses Urteil sendet ein klares Signal an Mieter gewerblicher Immobilien: Ohne ausdrückliche Zustimmung des Vermieters dürfen die Räume nur im Rahmen des vereinbarten Vertragszwecks genutzt werden. Insbesondere bei einer gravierenden Zweckänderung, wie etwa der Umnutzung eines Hotels zur Flüchtlingsunterkunft, ist zwingend eine Genehmigung erforderlich. Verstöße dagegen können gravierende rechtliche Folgen haben, darunter die außerordentliche Kündigung und Schadensersatzforderungen.
Für Vermieter stärkt das Urteil ihre Position, sich gegen vertragswidrige Nutzungen effektiv zu wehren, insbesondere wenn dadurch nachhaltige Beeinträchtigungen der Immobilie drohen.
Handlungsempfehlungen
- Klare Vertragsgestaltung: Mietverträge sollten präzise den Nutzungszweck definieren und jegliche Abweichungen ausdrücklich zustimmungspflichtig machen.
- Zustimmungsregelungen beachten: Mieter sollten immer schriftliche Genehmigungen einholen, wenn die Räume anders genutzt werden sollen als ursprünglich vereinbart.
- Rechtzeitige Abmahnung: Vermieter sollten bei festgestellten Zweckänderungen umgehend reagieren und eine schriftliche Abmahnung aussprechen, bevor sie zur außerordentlichen Kündigung schreiten.
- Dokumentation: Alle Vorgänge, einschließlich der Abmahnungen und Korrespondenzen, sollten detailliert dokumentiert werden, um etwaige Rechtsstreitigkeiten zu erleichtern.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Celle verdeutlicht eindrucksvoll, wie wichtig eine eindeutige Regelung des Vertragszwecks in Mietverträgen ist. Zugleich betont sie die Notwendigkeit einer klaren und schriftlich dokumentierten Kommunikation zwischen Mietern und Vermietern bei geplanten Nutzungsänderungen. Mieter sind dringend angehalten, sich strikt an vertragliche Vereinbarungen zu halten, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Im Zweifel sollte stets anwaltlicher Rat eingeholt werden.